Was denn nun …

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Ich werde immer wieder mal gefragt, welche Kamera ich empfehlen würde.
Ok, manchmal werde ich auch nicht gefragt und es wird mir erzählt welche tolle Kamera man sich gekauft hat (und ich schüttle danach mit dem Kopf).
Fangen wir mal dem Grundsätzlichen an, es gibt keine Kamera, die automatisch bessere Bilder macht, für kein Geld der Welt. Im Gegenteil, eine gute Kamera macht im Automatikmodus tendenziell schlechtere Bilder als eine Billigknipse. Ein guter Fotograf macht mit einem Fotohandy und zwei Taschenlampen bessere Bilder als Opa Kruse (Knick in der Optik und zwei linke Hände) mit der 10.000-Euro-Kamera. Einfach weil er weiss, was er tun muss.

Ein paar Abkürzungen, die ich verwenden werde:
SLM – Systemkamera, eine neuere „Spezies“ ohne Kamera-Spiegel
SLR – Spiegelreflexkamera
HDR – Bild aus mehreren Einzelbildern, welche zusammengerechnet werden und helle und dunkle Teile des Bildes abbilden, sieht meist etwas unnatürlich aus

Wollt ihr bessere Bilder machen gibt es drei Voraussetzungen:
1. Ihr beschäftigt euch mit fotografischen Techniken
2. Eure Kamera hat einen manuellen Modus
3. Ihr beschäftigt euch mit den Möglichkeiten eurer Kamera – RTFM

Der zweite Punkt wird nur von sehr wenigen (hochwertigen) Kompaktkameras, fast allen SLM und generell allen SLR erfüllt. Wir reden hier von einem Preisrahmen, welcher im Gebrauchtbereich bei ca. 150 € beginnt !
Für diesen Preis KANN man >80% aller Fotos machen, die man sich so vorstellt und das in einer Qualität, die locker für ein Bild an der Wand reicht.
Jetzt nicht gleich loslaufen und die erstbeste Kamera kaufen und mich dann verteufeln, wenn die Bilder nicht besser werden. Erstmal zu Ende lesen !
Beim Kamerakauf solltet ihr euch überlegen, worauf es euch ankommt. Für die restlichen knapp 20%, oder um sich gewisse Fotos zu erleichtern, kann man nahezu unbegrenzt tief in die Tasche greifen.

Braucht ihr Video an der Kamera ?
Für private Zwecke muss es keine SLR/SLM sein, sobald ihr jedoch intensiver in die Materie einsteigt, kommt ihr um eine nicht drum herum. Mit Leuchten, guten manuellen Objektiven, Tragesystem und Software wird aus dem nächsten Auto allerdings statt Neu- schnell ein Gebrauchtwagen. Vorteil der SLR/SLM ist, dass der Einstieg nicht viel mehr kostet als eine gute Kompaktkamera und alles modular erweiter- und ersetzbar ist. Ein wichtiger Punkt bei wenig Licht hier ist das sogenannte Rauschverhalten, wobei die SLR/SLM die Nase vorn haben, da die Sensoren meist grösser sind. Da auch die Kamera nur ein Modul in dem System ist, werdet ihr vermutlich früher oder später bei einer Vollformat-Kamera landen, sprich der Sensor ist so gross wie ein Negativ aus Kleinbild-Zeiten.

Ihr wollt Landschaften fotografieren ?
Da ist die Kamera zweitrangig, wichtig ist ein gutes Stativ und die Möglichkeit Filter an der Kamera zu nutzen. Dies sollte bei den meisten guten Kameras möglich sein. Ein eingebauter HDR-Modus in der Kamera ist ebenfalls nützlich. Ein Fernauslöser oder eine komfortable verzögerte Auslösung ist bei Langzeitaufnahmen auch extrem wichtig.

Ihr wollt Tiere in freier Wildbahn oder Freiluftsport fotografieren?
Hier kann die Empfehlung nur SLM/SLR lauten. Dafür sind möglichst lichtstarke Objektive mit möglichst grossen Brennweiten notwendig. Bei der Brennweite haben die Super-Zoom-Kameras im Kompaktbereich zwar die Nase vorn, allerdings ist da die Lichtstärke ein Problem. Was nutzt es, wenn man zwar den Elch formatfüllend aufs Bild bekommt, aber dann die Wahl hat, ein total verrauschtes oder total verwackeltes Bild zu bekommen. Im Bereich der SLR hat man hier auch zwei Optionen – die preisgünstigeren Kameras mit den kleineren APS-C-Sensoren oder Vollformat.Erstere sind sexy, weil sich durch den etwas kleineren Sensor die Brennweite des Objektives „verlängert“. Die fotografisch vorgebildeten Leser mögen hier bitte die unkorrekte Umschreibung verzeihen, es geht ums Prinzip. An einer Canon EOS 350D wird aus einem 300mm Objektiv ein 480mm, da der Sensor um den Faktor 1,6 kleiner ist als beim Vollformat. Bei einer Vollformat-Kamera ist das nicht so, allerdings ist die Qualität des aufgenommenen Bildes und meist auch die Anzahl der Pixel höher, so dass man möglicherweise das Bild am Computer beschneiden und vergrössern kann und am Ende ein gleichgrosses Bild in der selben Qualität hat.

Ihr wollt Veranstaltungen in Gebäuden fotografieren ?
Schon wieder sind die SLM/SLR im Vorteil. Ihr könnt leistungsfähige und entfesselte, nicht direkt auf der Kamera sitzende Blitze oder gar Blitzanlagen nutzen, die verfügbaren Objektive sind lichtstärker und die Sensoren grösser.

Ihr wollt Portraits fotografieren ?
Geht auch mit Kompaktkamera, aber gerade die Nutzung von entfesselten Blitzen ist neben den lichtstärkeren Objektiven ein klarer Pluspunkt für SLM/SLR. Warum lichtstark für Portraits ? Man kann doch in die Sonne gehen ? Klar, kann man, aber bei einem Portrait will man ja nicht alles scharf haben, sondern nur die portraitierte Person und den Hintergrund unscharf. Das klappt nur bei lichtstarken Objektiven, bei denen dann nur wenige Zentimeter auf dem Bild scharf sind. Das sollten natürlich dann auch die richtigen Zentimeter sein, dafür gibt es oben ja den Punkt 1.

Ihr wollt auf Reisen fotografieren ?
Da gibt es keine Kamera, die man bedingungslos empfehlen kann. Gute Kompaktkameras sind klein, leicht und wenn wirklich gut mit einem Metallgehäuse versehen. Allerdings sind sie meist nicht mal gegen Spritzwasser geschützt. SLM sind etwas schwerer, einige wohl auch gegen Spritzwasser immun und bieten bei einigen Modellen auch Metallgehäuse. Sie sind jedoch in der Gesamtsumme sperriger als die Kompakten. SLR sind noch schwerer und sperriger, die besseren Modelle sind jedoch mit nahezu unkaputtbaren Metallgehäusen und Spritzwasserschutz ausgestattet. Eine Reise mit Fotoapparat ist immer ein Kompromiss.

Fazit:
Wenn man Punkt 1 und 3 berücksichtigt, kann man jede Kamera kaufen. Kommt es auf grösstmögliche Mobilität an, eine gute Kompakte; ist die maximal erreichbare Bildqualität das Wichtigste, dann eine Vollformat-SLR. Die SLM ist ein Kompromiss, allerdings sind da gute Modelle auf dem Gebrauchtmarkt noch sehr teuer.

Was würde ich empfehlen…
Wer schon Objektive für Canon, Nikon oder einem anderen Hersteller hat, der kann sich eine zu seinen Objektiven passende Kamera kaufen. I.d.R sind die Objektive das Teure an einer Ausrüstung. Für einen absoluten Neueinsteiger ohne grosse Video-Ambitionen empfehle ich die Canon EOS 40D + EF 1:1.8/50, gebraucht mit möglichst unter 20.000 Auslösungen. Aus eigener Erfahrung ein absolut problemloses „Arbeitstier“-Gespann, bei dem man Fehler auf den Fotos klar dem Fotografen zuordnen muss. Die Kamera hat ein Metallgehäuse und ist spritzwasserdicht, das Objektiv zwar nicht, aber das lässt sich später ja aufrüsten. Ein eingebauter Blitz hilft in absoluten Notsituationen weiter und lässt sich bei Bedarf durch Aufsteckblitz und ggf. Funkauslöser erweitern. Das Objektiv ist zwar ein lauter und langsamer sogenannter „Joghurtbecher“, aber die Möglichkeiten, die es bietet, liegen viel höher, als der Preis vermuten lässt. Ergänzend dazu ein Tamron 1:2.8/17-50 Zoom, egal ob mit oder ohne Stabilisator oder wenn nicht so sehr viel Landschaft fotografiert werden soll, ein Zoom 28-105 oder 28-135mm.
Zum Lernen ist das 50mm perfekt, ist es mit Blende 1:1.8 doch recht lichtstark. Den Rest erledigt man halt durch Bewegung.
Für denjenigen, der sich in der Kategorie SLM wiederfindet, kann ich leider keine Empfehlung aus eigener Erfahrung geben, aber die Geräte von Panasonic erscheinen mir da sehr verlockend. Das Kamerasystem und auch viele Objektive wurden in Zusammenarbeit mit Leica entwickelt und es gibt auch noch einen optischen Sucher. Dieser ist gerade auf Reisen bei den SLM wichtig, da das Display der Stromfresser Nr.1 bei Kameras ist. Über Adapter sind hier auch grossartige alte Objektive adaptierbar, die zwar komplett von Hand bedient werden müssen, aber in Bezug auf das Verhältnis Objektivqualität/Preis jedem neuen Objektiv als mindestens ebenbürtig zu bezeichnen sind. Dies gilt zwar auch für SLR, aber die Auswahl bei SLM ist noch grösser.
Bei den Kompakten ist ein optischer Sucher zwar auch nett, aber nicht ganz so essentiell wie ein Ersatzakku, da man doch meist mit Display fotografieren wird. Auch in dem Bereich kann ich keine Empfehlung aus eigener Hand geben, allerdings habe ich schon häufiger mein Auge auf eine Fuji X10 oder X100 geworfen – hier muss man allerdings aufpassen, da es da Herstellungschargen gibt, die gravierende Sensorprobleme haben, nicht dass das vermeintliche Gebraucht-Schnäppchen sich zum Groschengrab wandelt.

 

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