Warum sollte man nicht mit einer Digitalkamera anfangen ?

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Die Überschrift ist etwas provokativ, enthält aber mehrere Körnchen Wahrheit. Eine Digitalkamera versaut die eigenen fotografischen Fähigkeiten. Ganz einfach, weil man ein Motiv nahezu unbegrenzt oft fotografieren kann und damit irgendwann durch Zufall ein gutes Bild erhält, ohne zu wissen, warum eigentlich.

Eine analoge Kamera zwingt hingegen dazu, sich mit den grundlegenden fotografischen Grundprinzipien auseinander zu setzen. Licht, Blende, Belichtungszeit, Filmwahl. Und das alles auf maximal 36 Bildern ohne Möglichkeit der sofortigen Kontrolle und dafür tagelangem Warten auf die fertigen Bilder (sofern ihr nicht selbst entwickelt). Da meist jedoch schon eine digitale Kamera vorhanden ist, nehmt sie ruhig mit – als Belichtungsmesser, wenn eure analoge Kamera keinen hat oder der aus verschiedenen Gründen nicht mehr geht.

Warum muss ich eigentlich die Belichtung messen ? Weil eine Kamera dumm ist. Euer Auge und das angeschlossene Hirn ist da viel schlauer. Bei Katzen lässt sich das Prinzip, welches ein Fotoapparat verwendet sehr gut beobachten. Beim Menschen auch, aber bei Katzen ist es imposanter. Ist es sehr dunkel, erweitert sich die Pupille, um mehr Licht ins Auge zu lassen. Wird es hingegen hell, verengt sich die Pupille um die Lichtmenge zu reduzieren. Ebenso verhält es sich an der Kamera. Wenig Licht – weit geöffnet und vise versa.
Aber man hat euch ja gesagt, dass eine Blende von 1,4 besonders lichtstark und damit unbedingt notwenig ist. Prinzipiell richtig – bis auf den Punkt, dass es keine Blende von 1,4 ist, sondern eine Blende von 1:1,4, also ca. 0,714. Nehmen wir dann eine „Blende 8“, ist das eigentlich 1:8 = 0,125. Schon ergibt die ganze Sache wieder Sinn und nicht Widersinn, oder ?
Der Belichtungsmesser sagt allerdings noch etwas – die Belichtungszeit. Das ist die Blinzelrate der Kamera. Jeder Mensch blinzelt. Je heller, desto mehr, um die Helligkeit zu reduzieren. Die Kamera nimmt jedoch nur ein Bild auf, während das Auge praktisch ein Video dreht.
Ein Belichtungsmesser macht nichts weiter, als zu messen, wie weit sich die Pupille der Kamera schliessen muss und wie schnell sie blinzeln muss, damit ein Bild klar und deutlich zu sehen ist. Den Zusammenhang zwischen den beiden Werten erkläre ich in einem weiteren Artikel.
Nun gibt es verschiedene Arten von Belichtungsmessern. Alt, batterielos und robust sind Selen-Belichtungsmesser. Diese haben jedoch den Nachteil, dass sie irgendwann nicht mehr so genau messen. Damit sind sie dem Auge nicht so unähnlich, das ja auch irgendwann in seiner Leistungsfähigkeit nachlässt. Modernere Messgeräte nutzen Fotozellen, die Batterien benötigen. Einige von denen jedoch eine bestimmte Batterieart, die heutzutage verboten ist, da extrem umweltschädlich in der Entsorgung. Aktuelle Geräte sind hingegen ziemlich teuer.
Um den Kauf eines Belichtungsmessers zu umgehen, kann man eine Digitalkamera dazu zweckentfremden. Man nimmt ein Bild auf und nutzt die errechneten Werte, nach Prüfung am Display, ob die Kamera richtig lag, an der analogen Kamera. Wie man diese Werte-Paare verändern kann oder sollte, kommt auch im Artikel zu Blende und Belichtungszeit.

Fangen wir jetzt mal mit Teil 1 zum Thema Licht an, welches eigentlich alle anderen Themen nach sich zieht.

Licht – Natürliches Licht

Nicht umsonst wird Fotografie auch Lichtmalerei genannt.
Für die Fotografie ohne Hilfsmittel sind drei Sorten von Licht „gut“ – morgens, abends und wenn es bewölkt ist. Warum eigentlich, mittags ist doch am meisten Licht ?
Das ist meist richtig, aber Licht ist nicht gleich Licht.
Morgens und abends hat die Sonne einen tiefen Stand, also hat das Sonnenlicht einen weiteren Weg durch die Atmosphäre, was dazu führt, das kurzwelligeres, also Richtung Blau gehendes Licht stärker gestreut wird und mehr von langwelligerem, rotem Licht ankommt. Stichwort Morgen- und Abendrot. Fotografie ist also auch ein Stück Physik. Also war das Fach in der Schule doch nicht ganz umsonst.
Auch die sogenannte „Blaue Stunde“ ist eine beliebte Zeit für Fotos, da es da eine sehr angenehme Lichtstimmung gibt.Bewölkter Himmel macht eigentlich nicht viel anderes. Das Licht wird die höhere Absorption der Wolkenschicht wärmer und durch die vielfache Brechung an den einzelnen Wasserteilchen diffuser bzw. „weicher“. Wer jetzt schon ein wenig in die Portraitfotografie hineingeschnuppert hat, dem sind sicher schon „Lichtformer“ (dazu in einem späteren Artikel mehr) untergekommen. Egal ob sie nun Softbox, Beautydish oder Diffusor heissen, sie machen nichts anders als bewölkten Himmel vor einer Lichtquelle nachzuahmen. Ohne zusätzliche Hilfsmittel ist unsere Lichtquelle die Sonne.
Mittagssonne ohne Wolken ist jedoch viel härter und hat einen höheren Anteil an Blau. Schatten sind damit sehr hart definiert und auch die Wirkung von Farben verändert sich. Vergleichbar ist ein Blitzgerät auf einer Kamera. Ist die Mittagssonne nun damit automatisch „schlecht“ ? Nein, sie ist nur deutlich schwerer zu handhaben.
Professionelle Fotografen arbeiten mit Hilfsmitteln, um die Mittagssonne zu entschärfen. Das sind sogenannte „Squatter“ oder auch Sonnensegel. Mit nahezu unbegrenztem finanziellen Aufwand bändigt man die Sonne auf ein das Niveau einer Studioleuchte. Wer es nicht so dick in der Geldbörse hat, behilft sich mit einem weissen Bettlaken, das auf ein Gestell aus Bambusstangen gespannt wird.
Bevor ihr jedoch soweit geht, überlegt euch, was ihr auf euren Fotos sehen wollt.
Spielende Kinder ? Da ist die Mittagssonne super, da die Belichtungszeit – ha, wieder was, das später kommt – kurz sein kann und somit die herumwuselten Kinder gut eingefangen werden können.
Portraits ? Hier ist weiches Licht meist bevorzugt, also Hilfsmittel, bewölkter Himmel oder die Stunden am Rande des Tages.
Charakterportraits ? Eher auch die Mittagssonne, da dort ja die Unebenheiten, die Falten und Barthaare wichtig sind, die gerne harte Schatten werfen dürfen.

Im nächsten Artikel gehe ich dann auf Blende und Belichtungszeit ein, ein weiterer wird dann die Filmwahl bzw. an einer digitalen Kamera die entsprechenden Einstell- und Nachbearbeitungsmöglichkeiten betrachten und zu guter Letzt werde ich das Thema Licht mit ein, zwei oder drei Artikeln zu künstlichem Licht, Lichthilfsmitteln und wie man Licht nutzen kann, abschliessen. Wie ihr seht, ist das Thema Licht ziemlich umfangreich.

Noch Interesse oder doch grad einen liebevollen Blick auf das Smartphone geworfen und gedacht: „Och, naja, so schlechte Bilder macht es dann doch eigentlich nicht…“ 😉

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