Es gibt kein Schön ohne Häßlich

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Und damit meine ich ich trotz Großschreibung nicht die Familiennamen. Wenn ihr jetzt diesen Artikel lest, dann hat der reißerische Titel funktioniert. Aber jetzt mal zum eigentlichen Thema.

Schön ist Geschmackssache

Gleichmache tötet die Schönheit

Es wird heutzutage propagiert, daß jeder schön ist. Das ist per se auch richtig, allerdings kommt es auf die Person an, die diese Aussage trifft. Es gibt kein pauschales Schön und es gibt auch kein pauschales Häßlich.

Verfolgen wir mal die aktuell hippe Version weiter. Jeder ist schön – und für jeden. Das ist Quatsch mit Soße!

Schönheit ist immer die Abwesenheit von Häßlichkeit. Definieren wir alles als schön, gibt es kein häßlich mehr, was wiederum schön obsolet macht. Damit ist jeder nur noch irgendwas. Und irgendwas ist alles, nur nicht schön, da es das ja nicht mehr gibt. Schön ist wie häßlich eine Schublade und zwar eine recht allgemeine.

Was kann man denn zur Rettung der Schönheit tun ?

Zuerst mal muß sich jeder bewußt werden, daß die Aussage oder Bewertung „schön“ einer persönlichen Meinung entspricht. Diese bildet sich im Laufe der Zeit und ist keineswegs fix. Sie hängt auch an so vielen Punkten, daß die Wenigsten ausdrücken können, was ihre Mindestanforderungen an Schönheit sind.

Auch gibt es in diesem Zusammenhang drei Beteiligte, die ich mal völlig objektiv hier so benenne:

  • der Beurteilte
  • der Beurteiler
  • die Außenstehenden

Beginnen wir mal mit dem einfachsten Part.

Die Außenstehenden

Die geht die Bewertung überhaupt nichts an. Das ist die Sache, die sich aktuell schleunigst ändern muß, da derzeit eine große Masse an Außenstehenden versucht eine Gruppenmeinung zu generieren, die es nicht geben kann. Gefährlich wird es, wenn sich der Beurteilte auf einmal selbst in dieser amorphen Masse wiederfindet. Daraus resultieren dann solche Phänomene wie Body-Shaming (ein furchtbares Wort) und die entsprechende Gegenbewegung.

Der Beurteiler

Die Meinung eines Beurteilers ist immer eine Momentaufnahme. Er sollte (!) einen gewissen Grad an Höflichkeit bei der Beurteilung walten lassen, dies ist aber gerade bei der Anfrage, egal ob explizit oder implizit, nicht zwingend notwendig. Solange eine solche Meinungsäußerung als allgemeingültige Kritik interpretiert wird, findet eine Art Eigenzensur statt, wenn man lieber eine Meinung nicht kundtut. Tut man sie hingegen kund, erfolgt aus irgend einer Richtung meist eine kollektive Aufforderung dazu. Der Beurteiler muß sich immer bewußt sein, daß bei einer öffentlichen Meinungsäußerung diese immer auch Außenstehende sehen, die bei entsprechend niedriger geistiger Reife, dann eine Diskussionswelle in Bewegung setzen, die schwer kontrollierbar ist. Eigentlich ist das aber dann nicht sein Problem, sondern das der Außenstehenden.

Der Beurteilte

Er muß sich erstmal klar darüber werden, ob er mit seinem Aussehen zufrieden ist und was ihn in der Eigenwahrnehmung ggf an sich stört. Findet er dann Punkte, die ihn stören, ist zu analysieren, ob sich daran was ändern lässt und wenn, ob der Aufwand die Wirkung wert ist. Gewollte und mögliche Änderungen kann man dann in Angriff nehmen und den Rest muß man akzeptieren. Es muß also Selbstbewußtsein aufgebaut werden. Wichtig ist das Eigenbild des Beurteilten, der in diesem Fall Beurteiler und Beurteilter in Personalunion ist. Dies ist ein lebenslang andauernder Prozeß, da der Mensch als soziales Wesen natürlich äußeren Einflüssen ausgesetzt ist und auch die Meinungen anderer Einfluß haben können. Hierbei ist es die Pflicht des Beurteilten, diese Meinungen als solche zu erkennen und nicht zu verallgemeinern. Selbst wenn millionenfach eine ähnliche Meinung kommt, ist diese immer noch jeweils eine einzelne! Eine Meinung ist keine Veränderungsaufforderung! Danach steht die Analyse der Meinung an. Ist der Beurteiler für mich relevant?  Ist der Inhalt seiner Meinung für mich relevant?
Wenn ja, kann und will ich was ändern… Man dreht die selbe Schleife wie während der Selbstreflektion.

Wie können wir denn nun die Schönheit retten ?

  1. die Außenstehenden lernen die Tatsache, eine Meinung als solche zu akzeptieren
  2. die Außenstehenden äußern sich zum Thema und nicht zur Meinung
  3. der Beurteiler überlegt sich, wie und ggf. ob er beurteilt und macht ggf. kenntlich, daß es SEINE Meinung ist
  4. der Beurteilte akzeptiert eine Meinung als solche und reflektiert über deren Einfluß auf sich selbst

Warum haben die Außenstehenden zwei Punkte? Sind sie doch nach meiner obigen Definition der einfachste und unbedeutendste Teil der Situation? Ganz einfach. Genau diesen Fakt kennen oder akzeptieren sie nicht und halten sich für wichtiger als Beurteiler und Beurteilter. Manche beziehen auch die Meinungsäußerung unzulässig auf sich selbst. Meine Hoffnung auf eine Entwicklung in die vorgeschlagene Richtung ist zwar gering, da Schwarmintelligenz beim Menschen nach meiner Beobachtung eher schlecht als recht funktioniert. Vielleicht bewirkt dieser Artikel aber, daß ein paar Menschen aus dem Schwarm ausbrechen.

Und was hat das mit Fotografie zu tun ?

Viel. Verdammt viel sogar. Fotografie als Kunstform stellt Schönheit dar. Zumindest, wenn sie ohne finanzielle Interessen betrieben wird. Warum fotografieren dann Fotografen Modelle, die sie hinter vorgehaltener Hand nicht schön finden ?

Entweder wurden sie dafür bezahlt oder die Schönheit des Modells wurde durch die Faszination einer Szene, welche auch eine gewisse Schönheit ist, ersetzt.

Wenn euch also ein Fotograf, so er denn so ehrlich ist, sagt, daß er euch nicht fotografieren möchte, weil er euch nicht schön findet, könnt ihr ihn immer noch mit Ideen oder Geld überzeugen.

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