Die Wahl der Qual

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Wer mit der digitalen Fotografie „richtig“ beginnen will, steht vor der Qual der Wahl, was er denn nehmen soll.
Spiegel-Reflex (SLR) oder spiegellos? Mit fest verbautem Objektiv oder wechselbar? Kleinbild, APS-C, APS-H, Four Thirds, 1″ oder doch das digitale Mittelformat ?

Die Antwort ist wie fast überall: „Kommt drauf an.“
Prinzipiell kann man mit nahezu jeder Kamera fast alles machen. Einiges schwieriger, anderes einfacher.

Was will ich ?

Wird häufig die Sensorgröße als Auswahlkriterium propagiert, stehe ich auf dem Standpunkt, daß die Abmessungen der Kamera und ihre Bedienung weitaus mehr im Vordergrund stehen.
Danach erst sehe ich die Sensorgröße, da diese nur bei großformatigen Reproduktionen und geringfügig bei Portraits zum Tragen kommt. Zu dem Thema werde ich mich jedoch mal ganz technisch zu einem späteren Zeitpunkt äußern.

Die Frage ist also tatsächlich, wie man persönlich mit den Bedienelementen der Kamera zurecht kommt, wie diese in der Hand liegt und wie man mit den Abmessungen und dem Gewicht zurecht kommt. Die beste Kamera nutzt nichts, wenn sie einem zu schwer oder zu sperrig ist und deshalb daheim liegt. Das mag noch gut gehen, wenn man dann immer bewußt fotografieren geht oder eher im Studio arbeitet, für ein Portrait auf der Straße ist das aber kontraproduktiv. Ich persönlich finde die Bedienung bei Canon am besten gelöst, das liegt aber sicher an meiner langen Geschichte mit der Marke. Prinzipiell habe ich gern eine größere Kamera in der Hand, bei der die Bedienelemente für meine eher normal-großen Hände in der richtigen Position sind. Allerdings stelle ich an mir selbst fest, daß ich in letzter Zeit vermehrt auf die weniger gut in der Hand liegende Olympus setze, die einfach deutlich kleiner und leichter ist. Abraten würde ich allerdings von Kameras mit einem fest verbauten Objektiv, es sei den man will sich definitiv auf eine Brennweite konzentrieren. Dann aber auch richtig und kein Zoom-Objektiv. Soviel zum Thema: „Kauft die richtige Kamera!“ Die gibt es nicht, zumindest nicht für immer und in Stein gemeißelt. Also, raus in die Läden und Kameras anfassen oder im Freundes-/Bekanntenkreis ausleihen.

In der Regel wird der Grifftest immer noch eine breite Auswahl an Kameras bereit halten. Prinzipiell gilt es, je größer der Sensor, desto größer die benötigten Objektive. Je größer die Objektive, desto schwerer das Gesamtpaket. In den Beispielbildern mal ein Größenvergleich zwischen den Canon EOS 5D MkII und der Olympus OM-D E-M5 MkII mit etwa vergleichbaren Brennweiten in der Bildwirkung. So rein zum Spaß auch ein Bild mit dem Gewicht laut meiner Küchenwaage. Zu beachten ist, daß an der Olympus bereits ein Metallgriff angeschraubt ist, der zum einen eine Arca-Swiss-kompatible Bodenplatte und zum anderen einen bessere Halt der Kamera bietet. Trotzdem ist die Kleine mal flockig halb so schwer wie die Canon.

Ein paar Worte zur Sensortechnik.
Wer sich schon mit der Materie beschäftigt hat, wird über die Begriffe Antialiasing-Filter, Foveon und Bayer-Matrix gestolpert sein. Ich will jetzt hier nicht die große Technikkeule auspacken, aber schlußendlich machen alle scharfe Bilder. Der Foveon-Sensor hat leichte Nachteile gegenüber Sensoren mit der Bayer-Matrix bei der Lichtempfindlichkeit und Blau-/Grüntönen, dafür Vorteile bei der Abbildung von Hauttönen und der Schärfe, Sensoren ohne Antialiasing-Filter bilden schärfer ab schärfer als solche mit, haben aber Probleme mit Moire-Mustern. Meine persönliche Meinung ist, daß es eigentlich egal ist.

Wichtiger ist da tatsächlich die Sensorgröße und dabei eigentlich mehr die Pixelgröße, da diese einen direkten Einfluß auf die Wirkung der Unschärfe hat. Die Vorteile eines größeren Sensors liegen vor allem in der höheren Lichtempfindlichkeit, wobei es da in den letzten Jahren massive technische Fortschritte gegeben hat, so daß ein aktueller Four Thirds-Sensor, der nur die Hälfte der Fläche eines Kleinbildsensors (aka Vollformat) hat, bessere Rauschwerte hat als z.B. die Canon EOS 5D MkI. Und das trotz aktuell 20 Megapixel auf dem kleinen Sensor gegen die 12,8 der „Queen Mum“.

Warum dann so viel Heckmeck ?

Nach einer langen Odyssee von APS-C über das Kleinbild-Format hin zu (meist) Four Thirds und so einigen Diskussionen mit selbsternannten (Marketing-)Foto-Göttern bleiben zwei Argumente für größere Sensoren. Der größere Zerstreuungskreis aufgrund verhältnismäßig größerer Pixel und die größere Menge an „Fleisch“ für großformatige Ausgaben, wobei wir da nicht von DIN A2, sondern eher von DIN A0 und größer reden.

Aber da ist doch noch mehr

Ja, das ist es. Und zwar die Optiken. Da gibt es auf allen Schienen Licht und Schatten. Ich versuche mal die Vor- und Nachteile der einzelnen Wechsel-Systeme aufzuzeigen.

Canon: Canon selbst hat gute teure und auch preiswerte Objektive im Sortiment, kämpft aber mit drei verschiedenen Systemen (EF, EF-S und EF-M) um die Kompatibilität und verschenkt damit das Potential kleinerer Systeme. Es gibt ein breites Angebot an Drittherstellern, welche auch großartige Linsen anbieten. Über Adapter sind viele andere Kamerasysteme auch anschließbar, leider das eigene Vorgängersystem (Canon FD) nicht (richtig).

Nikon: Vom Kamerahersteller gibt es hoch- bis höchstwertige Optiken zu in der Regel stolzen Preisen, das Angebot von Drittanbietern ist etwas dünner als bei Canon. Das ungünstige Auflagemaß verhindert viele Adaptierungen anderer Kamerasysteme.

Sony: Profitiert von der Kooperation mit Zeiss und hat gute eigene Linsen, die recht teuer sind. Das Drittanbieterangebot ist nicht so riesig, dafür erlaubt das Auflagemaß den Einsatz von Adaptern zu verschiedenen anderen Kameraherstellern, mit denen z.T. auch Autofokus funktioniert.

Fuji: Recht überschaubares Angebot an Objektiven, sei es von Fuji oder Drittanbietern, dafür gute Adaptierbarkeit so ziemlich aller anderen Kamerasysteme.

Olympus/Panasonic: Olympus blickt auf eine lange Tradition als Hersteller hochwertiger Objektive zurück, der mit Panasonic geteilte m4/3-Anschluß führt zu einem sehr guten Angebot von Drittanbietern. Panasonic profitiert von der Kooperation mit Leica durch hochwertiges Glas und das kleine Auflagemaß lässt die Adaptierung fast aller anderen Objektive zu. In der Regel gilt, daß sehr hochwertige Linsen in der Regel überproportional mehr kosten – allerdings immer noch deutlich preisgünstiger als bei Canon und Nikon.

Leica: Hier gibt es ja verschiedene Anschlüsse und auch die Kameras sind nicht so unbedingt preiswert, so daß ich hier nur nachplappern kann. Die Objektive sind in der Regel über alle Kritik erhaben, dafür auch nur für die extra-dicke Brieftasche. Da hilft es auch nicht, daß die Anzahl der verfügbaren Objektive sehr überschaubar ist.

Pentax: Der große Unbekannte für mich. Historisch gesehen hat Pentax mal hervorragende Objektive gebaut und auch aktuell kommen von Pentax-Nutzern immer nur positive Meinungen. Allerdings ist das Angebot auch sehr überschaubar. Bezüglich der Adaptierbarkeit anderer Systeme kann ich leider nichts sagen.

Sigma: Sehr speziell mit dem Foveon-Sensor und der eigenen DP-Reihe. Entweder fest verbaute Objektive oder ein Anschluß, für den nur Sigma Objektive baut. Eher für die Fotografen, die sonst schon alles haben. Na gut, BEVOR sie dann Leica kaufen. 😉

Ja was denn nun ?

Auch wenn das jetzt unfair für die Händler ist, im Laden angucken und dann gebraucht kaufen. Am besten in der geografischen Nähe, so daß man die Kamera in die Hand nehmen kann. Und vielleicht vorher ein paar Foren durchschmökern, um sich über Schwachstellen und potentielle Fehler zu belesen. Der Wertverlust bei Kameras ist zwar nicht so gravierend wie bei Autos, aber doch spürbar. Es gibt Ausnahmen, bei denen man auf das Abklingen eines Hypes warten oder neu kaufen muß.

Im nächsten Teil geht es dann mal mit zwei konkreten Empfehlungen weiter.

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